Die genossenschaftlich organisierte Handelsgruppe EDEKA hat seit 2003 knapp 1.200 ihrer Geschäfte mit rund 50.000 Beschäftigten "privatisiert". Dabei werden so genannte "Regiemärkte", die bis dahin von den EDEKA-Regionalgesellschaften
selbst betrieben wurden, an selbständige Kaufleute abgegeben. Meist sind es bereits in der Region aktive selbständige EDEKA-Kaufleute oder die zuvor angestellten Filialleiter, die mit Unterstützung der Regionalgesellschaft solche Märkte
erwerben. Die Geschäfte sind rechtlich selbständig, beim Warenbezug, durch Mietverhältnisse und bei der Werbung aber weiterhin eng an die EDEKA angebunden.
Beschäftigte von betroffenen EDEKA-Märkten und Arbeitnehmervertreter berichten immer wieder über deutliche Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen nach der Privatisierung. Oft scherten die neuen Eigentümer nach einer Übergangsphase aus dem Tarifvertrag aus, die Arbeit verdichte sich deutlich. Zudem verlieren die Beschäftigten meist ihre betriebliche Vertretung, weil bei der EDEKA Betriebsräte vor allem auf der Ebene der Regionalgesellschaften angesiedelt sind. In den einzelnen Märkten gibt es nur selten Betriebsräte.
Eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Untersuchung des Berliner Handelsexperten Dr. Bert Warich aus dem Jahr 2011 hat ergeben, dass solche Probleme keineswegs nur in Einzelfällen auftreten. Im selbständigen Einzelhandel der EDEKA liege der Anteil der Super- und Verbrauchermärkte mit Betriebsrat bei etwa einem Prozent, vielfach komme es durch Tarifflucht der selbständigen Kaufleute zu Lohndumping, konstatierte der Forscher. Das liege auch daran, dass zahlreiche Eigentümer Betriebsräte ablehnten und im Extremfall die Gründung von betrieblichen Vertretungen behindert würde.
Eine zweite, wiederum von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Untersuchung nähert sich dem selbständigen Einzelhandel der EDEKA nun aus einer anderen Perspektive. Forscher Warich hat sechs Märkte, die in Kooperation mit zwei Regionalgesellschaften ausgewählt wurden, über 18 Monate nach der Übertragung an neue Eigentümer begleitet. Dabei geht es nicht um einen repräsentativen Überblick über das aktuelle Privatisierungsgeschehen. Der wäre gar nicht möglich, weil die Fallzahl viel zu gering und das Auswahlverfahren nicht verzerrungsfrei ist. So zeichnen sich fünf der sechs untersuchten Märkte beispielsweise dadurch aus, dass sie einen Betriebsrat haben und, untypisch für Privatisierungen, weiterhin in der Tarifbindung bleiben. Ziel des Projekts ist vielmehr zu erforschen, ob und unter welchen Umständen der Übergang ohne Verschlechterung der Arbeitsbedingungen möglich ist. Das Projekt befindet sich kurz vor dem Abschluss. Seine Ergebnisse werden voraussichtlich Anfang März veröffentlicht.